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Als Lena erwachte sah sie in das merkwürdigste Gesicht, das sie je gesehen hatte. Das Männchen, zu dem es gehörte hatte die Größe eines zehnjährigen Kindes, eine Nase, so lang wie Lenas Hand, große, spitze Ohren, Haare, die einem Löwen hätten als Mähne dienen können und schwarze Augen, bei denen Iris und Pupille miteinander verschmolzen. Es sah Lena, die erschrocken aufgefahren war an. ,,Guten Morgen! Willst Du Frühstück? Sitan kam die Nacht bei mir vorbei und ich dachte, ich seh' mal vorbei." Lena saß da, wie vom Donner gerührt, unfähig etwas zu sagen. ,,Oh, nebenbei, ich bin Soto, der Waldgeist. Also wie steht es mit Frühstück?" Immer noch stumm nickte Lena, als sie aus ihrem Unterschlupf herauskam. Der Wald lag in dichtem Nebel, selbst die nächsten Bäume waren nicht mehr zu sehen. Vor dem hohlen Baum saß Soto, einen Beutel mit den verschiedensten Nahrungsmitteln auf dem Schoß. Als Lena sich zu ihm setzte, kam Sitan aus dem Nebel und setzte sich wieder auf ihre Schulter. Beruhigt durch die Anwesenheit des Falken, fand Lena ihre Sprache wieder. ,,Ich bin Lena." ,,Ich weiß. Ich sagte doch, Sitan war bei mir. Er hat mir alles über eure Suche erzählt." ,Erzählt?, unterbrach ihn Lena. ,,Natürlich! Wofür wäre ich denn Waldgeist; wenn ich nicht einmal einen Falken verstehen würde. Ich dachte mir, ich komme mit euch. Ich bin hier für gewöhnlich für den Kleinkram zuständig: Die Quellen frostsicher machen, Abflug und Ankunft der Zugvögel vorbereiten, Blumen blühen und Beeren reifen lassen, naja so das Übliche, aber wie es im Moment aussieht, kann ich auch mit euch kommen. Willst Du ein Stück Kuchen?" Lena begann sich wohl zu fühlen. Sie war nicht mehr allein, Sitan und Soto waren bei ihr, es war hell und sie war ausgeruht. Soto reichte ihr ein seltsam aussehendes Stuck Kuchen, das nach Honig schmeckte, aber nicht süß war.

,,Hast Du eine Ahnung, wo wir hin müssen?" ,,Nein. Das hier ist der Nirgendswald. von hier aus kommt man fast überall hin, wenn man Glück hat." ,,Was meinst Du mit Glück?" ,,Naja Glück eben. Wenn der Wald will, daß Du den Weg findest, findest Du ihn. Mit Glück eben." ,,Wenn der Wald will? Kann der Wald etwas wollen?' ,,Natürlich! Nicht jeder Wald, aber der Nirgendswald. Verstehst Du, er ist so etwas, wie der Wald ansich. Er ist überall, wo Wald ist. Deshalb ist er ja auch gewissermaßen nirgends. Du kommst von jedem Wald aus hinein und kannst durch jeden Wald hinaus gehen und so überall hinkommen, aber wo Du hinkommst, das bestimmt der Wald." Wenn das so ist, können wir wohl auch weiter geradeaus gehen., sagte Lena und sie brachen auf.

Das Wandern mit Soto war nicht gerade einfach. Er sprang und tanzte um Lena herum, verschwand mal hier mal dort, kletterte auf Bäume, begann plötzlich laut zu lachen oder packte Lena an den Händen und begann mit ihr zu tanzen. Gegen Nachmittag war Lena ziemlich müde, während Soto noch genauso quicklebendig war wie am Morgen. ,,Halt! Halt!", rief Lena, ,,Ich halte es nicht mehr aus! Dieser verfluchte Wald hat nie ein Ende und dir scheint das auch noch Spaß zu machen! Wir kommen nie an!" Lena trat gegen einen Baum und setzte sich hin. Soto drehte sich um ,,Ich hab dir doch gesagt, wie das hier im Nirgendswald ist. Wo und Wann Du wieder herauskommst, das bestimmt der Wald und ich glaube nicht, daß Schimpfen und gegen seine Bäume Treten ihn dazu bringen werden, daß Du dahin kommst, wo Du hin willst. Es wäre wohl besser, Du entschuldigst dich." ,,Mich bei einem Wald entschuldigen? Den sollte man doch zu Möbeln verarbeiten! Entschuldigen! Phh" Lena sprang auf und ließ den erstaunten Soto einfach stehen. ,,Lena! Warte auf mich! Wieso streiten wir? Laß uns uns wieder vertragen!" Aber Lena war nicht in der Stimmung sich zu vertragen. Giftig fuhr sie Soto an: ,,Warten? Den ganzen Tag rennst und springst Du und jetzt soll ich warten? Wenn Du nicht mitkommst, dann bleib hier! Auf die Gesellschaft arbeitsloser Waldgeister kann ich gut verzichten!" Sie rannte ein Stück in den Wald hinein, so daß der kleine Waldgeist nicht hinterher kommen konnte und trat erneut als Zeichen ihrer tiefsten Verachtung gegen einen Baum.

 

Als sie weiterging wurde der Wald dichter und düster. Sie hatte Schwierigkeiten voran zu kommen und zerkratze sich Gesicht und Hände an den Dornen des dichten Gestrüpps. Nach einer Weile hatte sie das Gefühl, im Kreis herum zu laufen. An dieses Steinen und der hohen Buche, so war sie sich sicher, kam sie mindestens schon zum dritten Mal vorbei. Beim weitergehen achtete sie nun genau auf die Umgebung. Das Gestrüpp war immer gleich dicht, als wäre nie jemand durchgegangen, aber die Bäume waren immer die selben. Kein Zweifel, Lena lief im Kreis herum. Sie versucht, die Richtung zu ändern, schlug Haken und kehrte um, aber nichts half Die eben noch so kluge, schnelle und arrogante Lena hatte sich im Nirgendswald verirrt und fühlte sich elend. Sie dachte daran, wie sehr sie sich morgens darüber gefreut hatte, den freundlichen Waldgeist zu sehen und daran, wie häßlich und gemein sie gerade zu ihm gewesen war. Er war ja selber Schuld, sagte sie sich, um dann sofort mit sich selbst zu schimpfen. Sei still! Hast du dich nicht schon genug in Schwierigkeiten gebracht? Soto war nur freundlich und hilfsbereit und du warst so gemein! Sie unternahm trotzdem noch einen Versuch, wieder einen Weg zu finden, um dann hilflos nach Soto zu rufen. Soto! Soto bitte hilf mir! Soto! Es tut mir leid! Aber es kam keine Antwort. Sie schickte Sitan, um ihn zu suchen, aber das dichte Laubwerk erlaubte ihm nicht zu fliegen, so daß er bei Lena bleiben mußte. Soto!, rief Lena erneut und jetzt ziemlich verzweifelt, Hilfe!

 

Sie war nahe daran zu weinen, als sie hinter sich eine bekannte Stimme hörte. Warum schreist du so? Ich bin doch schon da. Soto hilf mir, hilf mir bitte hieraus! Soto betrachtete sich die Lage genau. Sieht so aus, als wollte dir der Wald eine Lektion erteilen. Die einzige Chance, hier wieder raus zu kommen ist, dich wieder mit ihm zu vertragen. Ja, sagte Lena, es ist wohl Zeit für einige Entschuldigungen. Lieber Nirgendswald, es tut mir leid, daß ich über dich geschimpft und gegen deine Bäume getreten habe. Du bist kein gewöhnlicher Wald mit normalen Bäumen. Du bist wunderschön und mächtig. Bitte verzeih mir und hilf uns! Und es tut mir sehr leid, daß ich zu dir Soto so gemein war. Du wolltest mir nur helfen und ich hab' dich angeschrien. Du bist mein bester Freund hier. Bitte verzeih auch du mir! Lena sah nach Soto und dem Wald. Soto lachte und zwinkerte ihr zu. Ob ihre Entschuldigung etwas bei dem Wald bewirkt hatte, konnte sie nicht sagen. Soto war da anderer Meinung. Komm, laß uns weitergehen! Worauf wartest du? Willst du hier übernachten? Sie gingen weiter und schon bald verschwand das Gestrüpp und die Umgebung änderte sich. Als Lena das bemerkte fiel sie Soto in die Arme und wirbelte ihn im Kreis herum. Komm Soto, wir können heute noch weit kommen. Sie gingen weiter, bis sie gegen Abend an den Rand des Waldes kamen. Der Nirgendswald hatte sie freigegeben und an den Rand eines Sumpfes gebracht. Waren sie richtig? Sie konnten es nur hoffen. Laß uns schlafen gehen, sagte Lena. Wenn wir bei dieser Dunkelheit durch den Sumpf gehen sind wir versunken, bevor wir es merken!

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